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Ein Bebauungsplan für die Wolkenbahnen
"Ich bin kein Mensch, der angibt“, sagt Monika H. aus Amberg, und man glaubt es ihr aufs Wort. Für ihren Mann aber macht sie eine Ausnahme: „Er kann einfach alles! Meine Freunde sagen immer zu mir: Dein Mann ist ein Phänomen.“ Mit ihr zu sprechen ist, wie live bei den „Rosenheim Cops“ dabei zu sein: Echte Bayern würden das natürlich entschieden zurückweisen, immerhin liegt Amberg in der Oberpfalz und Rosenheim in Oberbayern. Aber für nordische Ohren sind die regionalen Unterschiede nicht so klar zu hören, und es ist dieselbe zugewandte Art, in der sie einem im schönsten Bayerisch so ausführlich und plastisch wie die Frau Stockl aus dem Fernsehen ihre Geschichte erzählt.
Das Haus am See
Die beginnt im Lockdown, genauer: im letzten Jahr. Eigentlich wollte Monika H. mit ihren Enkeln eine Woche verreisen: „Aber was man da in der überbuchten Ferienzeit bezahlt, 1.400 Euro pro Woche für ein Ferienhaus, im Zweifel von lausiger Qualität, und dann muss man noch selber kochen“ – das klang in ihren Ohren wenig verlockend. Von einer Kundin in ihrem Friseursalon hörte Monika Hirsch, dass an einem See in der Nähe ein Campingplatz aufgelöst wird: Das Areal sollte in Wochenendgrundstücke umgewandelt werden, zu bebauen mit 40 Holzhäuschen. „Wir sind früher mit den Kindern immer mit dem Campingwagen gefahren – aber ein Häusl am See, also das war schon eine tolle Möglichkeit.“
Wie es so ist als Friseurin, kannte Monika H. zufällig auch die Maklerin, die die Grundstücke am See verkaufen sollte. Sie fuhr mit ihr hin und war begeistert. „Es ist ein Stausee, ganz sauberes Wasser, eine Liegewiese, die Landschaft fast wie am Gardasee, nur kleiner“, sagt Monika H. und lacht. Natürlich war die erste Seereihe schon verkauft, aber ihr Mann und sie fanden noch eine schöne Parzelle, und dann ging es auch schon los.
Hier baut der Konditor selbst
25 Jahre lang führte Monika H. Ehemann eine Konditorei, aber offenbar hat er nicht nur ein Talent für Lebkuchen-, sondern auch für Holzhäuser. Ganz allein zog ihr Mann das „Häusl“ hoch, nur für das Gerüst holte er sich anfangs Hilfe. „Das glaubt kein Mensch“, sagt sie und klingt dabei selbst ein bisschen ungläubig. Inzwischen sind sie schon beim Innenausbau. „Jetzt, wo mein Friseursalon wegen des Lockdowns geschlossen ist, habe ich ja Zeit und sehe erst mal, was das für eine Arbeit ist“, sagt Monika H. Sieben Schichten hat allein die Außenwand, jede einzelne kann sie aufzählen, weil sie im Moment oft auf der Baustelle ist und zum ersten Mal direkt miterlebt, wie so ein Haus in Eigenregie entsteht. Beim Garten ist sie fein raus, ihr Sohn ist Landschaftsgarten-Meister und übernimmt die Gestaltung.
"Gäbe es Monika H. nicht schon, müsste man sie für Werbezwecke erfinden"
Kampf um die „Wölkchen“
Natürlich – wir sind schließlich in Deutschland – gibt es ganz spezielle Vorgaben, wie groß die einzelnen Häuser sein dürfen, und wie hoch der Zaun. Vorgegeben sind auch die Terrassen: Lediglich Markisen sind am Haus erlaubt, keine Pergolas. Doch damit will sich Monika H. nicht zufrieden geben, sie arbeitet gemeinsam mit den anderen Eigentümern an einer Änderung des Bebauungsplans – und zwar wegen der Spannmaxxl-„Wölkchen“, wie sie sie nennt. Die hat sie auch an ihrem Haus in Amberg, und auf die will sie auch im Wochenendhäuschen am See nicht verzichten. Gäbe es Monika H. nicht schon, müsste man sie für Werbezwecke erfinden, so eifrig verteilt sie Prospekte und kämpft für eine Änderung des Bebauungsplans, um die Wölkchen dort doch noch möglich zu machen.
Einen Bebauungsplan zu ändern, ist tatsächlich kein ganz unkompliziertes Unterfangen – und billig ist es auch nicht gerade. Rund 10.000 Euro kostet das insgesamt für die kleine Wochenendhauskolonie, auch weil dafür extra ein Architekt hinzugezogen werden muss. Dabei 40 verschiedene Eigentümer unter einen Hut zu kriegen, ist gar nicht so einfach. „Da gibt es heiße Diskussionen“, sagt Monika H. „Aber wir müssen uns eben zusammenraufen, wir sind ja eine Gemeinschaft!“
Fallstricke lauern beim Hausbau überall: „Jedes Haus sieht ja ein bisschen anders aus, man muss aber die Vorschriften genau beachten“, sagt sie. In Einzelfällen machen Leute, was sie wollen, beim einen ist das Haus 40 Zentimeter länger als erlaubt, beim anderen entspricht der Zaun nicht ganz den Vorschriften: Das übliche Klein-Klein. Wenn man das einfach so macht, kann es später Ärger geben. Auch deshalb sind die meisten Eigentümer daran interessiert, am Bebauungsplan noch etwas zu schrauben. Monika Hirsch ist zuversichtlich, dass eine positive Entscheidung bald erfolgt. „Die Enkel fragen schon immer, wann das Haus endlich fertig wird“, sagt sie. Falls die Pergola nicht genehmigt wird, dann muss es eben auch eine Markise tun, da ist sie pragmatisch. Aber noch ist der Kampf um die „Wölkchen“ nicht verloren.